Historische Kataloge

Bücherlisten und Kataloge geben Auskunft über den Stamser Handschriftenbestand vom ausgehenden 13.  Jahrhundert bis heute:

Mittelalterliche Verzeichnisse (1299 und 1341)

Lebersorg-Katalog (1606)

Roschmann-Verzeichnis (1739)

Primisser-Katalog (1759)

Übergabekatalog (1808)

Jüngere Kataloge (ab 1826)

 

Ein Verzeichnis aus der Zeit um 1299 am Beginn einer Stamser Handschrift (Innsbruck, ULB Tirol, Cod. 271) informiert darüber, welche Bücher an welche Konventualen ausgegeben wurden. 1341 wurde eine Liste der Bücher, die sich "in armario nostro" befanden, angelegt. Auch sie ist in eine Handschrift integriert (Stams, Stiftsbibliothek, Cod. 28).

Ein erster umfangreicher Autorenkatalog stammt von Wolfgang Lebersorg. Der Sohn eines Innsbrucker Schlossers trat 1591 als Novize in das Stift Stams ein. Seit 1595 vertraute man ihm hier verschiedene bibliothekarische und archivalische Tätigkeiten an. 1606 vollendete er ein Verzeichnis zahlreicher in der Bibliothek verwahrter Bücher, das eine Vorstellung von der damaligen Aufstellung der Bücher in Kästen nach verschiedenen Sachgebieten vermittelt.

Gemäß Stiftschronik von Paulus Gay von 1619 (Stams, Stiftsarchiv, Cod. A 1) ist im Jahr 1606 die Liberey verändert worden, vnnd mit neuen kästen geziert, darinnen iez die büecher stehen, so zuvor auf den benkhen gelegen, vnnd mit kötten angebunden waren. Ob Lebersorgs Katalog im Zuge dieser Neuordnung entstand oder die Aufstellung aus der Zeit, als die Handschriften noch angekettet waren, widerspiegelt, ist unklar. Für das 17. Jahrhundert liegen keine weiteren Verzeichnisse vor.

Am 27. Juli 1739 schreibt Anton Roschmann an seinen Schwiegervater, dass er tags zuvor eine Arbeit in Stift Stams abgeschlossen habe. Wahrscheinlich bestand sie darin, die Stiftsbibliothek durchzusehen und zu ordnen. In diesem Zusammenhang wurden möglicherweise die für Stams typischen schwarzen Signaturen am Buchrücken angebracht. Darüber hinaus wurde eine Liste ausgewählter Handschriften mit dem Titel "Libri Stambsenses manuscripti praecipui" angelegt, die heute im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck aufbewahrt wird (Dip. 1089/VI).

Eine Abschrift dieser Liste vom 13.12.1873 findet sich auf den letzten Seiten des sogenannten Stamser Übergabekatalogs, hier betitelt als "Roschmanns Catalog der vorzüglicheren Manuscripten im Kloster Stams".

weiterlesen

Roschmann verzeichnet 340 Handschriften in vier "Classes", jede davon in fünf "Series" mit "Litterae" A-V. Es finden sich Angaben über Autor und/oder Titel, Format und zweiteilige Standortsignatur (Großbuchstabe und arabische Zahl). Diese Signaturen finden sich auf den Büchern in schwarzer Tinte im untersten Feld des Buchrückens. Die Handschriften waren demnach in vier Kästen mit je fünf Fachböden aufgestellt, ganz oben standen die kleinformatigen Bücher, unten die großen Folianten. Die Angaben zum Inhalt aus dem Katalog finden sich auch als Bleistiftvermerke von der Hand Roschmanns meist auf der ersten Seite des Buchblocks.

Das Verzeichnis dürfte nicht vollständig sein. Die meisten Handschriften aus dem Roschmann-Verzeichnis sind heute nachweisbar, fast hundert Signaturen aber nicht mehr vorhanden. Oft handelt es sich um neuzeitliche Handschriften. 

Unter der Signatur P 9 führt Roschmannn einen "Cathalogus bibliothecae Stambsensis" im Folioformat an, bei dem es sich wohl um einen verschollenen Katalog des 17. oder 18. Jahrhunderts handelt.

Mitte des 18. Jahrhunderts übernahm Kassian Primisser die Verantwortung über die Bibliothek in Stams. Er klagt über den verwahrlosten Zustand (hactenus sine Rubrica, sine Ordine, sine Catalogo casta jacet. Catalogus ergo fieri necesse est) (Primisser an Cassian Roschmann, Anton Roschmanns Sohn, am 17. Juni 1759, zit. nach Sepp, Quellen 91). Ihm fiel die Aufgabe zu, die Bibliothek neu zu ordnen und einen Katalog zu erstellen. Das Ergebnis seiner Arbeit ist uns heute nicht erhalten.

Die Diskrepanz zwischen Roschmanns und Primissers Angaben zur Größe der Bibliothek (5000 vs. 20000 Bände) ist laut Forschungsliteratur auf die Teilung in eine Konvent- und eine Abtbibliothek zurückzuführen, die bereits in der Lebersorgchronik (Stams, Stiftsarchiv, Hs. 122, 35) angedeutet ist. Möglicherweise bearbeitete Roschmann nur die Abtbibliothek, die auch die wertvolleren Bände enthielt, Primisser dagegen die Konventbibliothek.

Im Zuge der Bibliotheksauflösung Anfang des 19. Jahrhunderts entstand 1808 ein Verzeichnis, das möglicherweise auf den Primisser-Katalog zurückgeht. Dieser Übergabekatalog verzeichnet jeweils Nach- und Vorname des Autors, Buchtitel, Erscheinungsort und -jahr, Format und Signatur, wobei letztere Spalte nur für die Buchstaben I und L gefüllt ist. Die großen Lücken in der Signaturenreihe zeigen, dass es sich nur um einen Auswahlkatalog handelt. Im Anschluss an die etwa 2200 katalogisierten Drucke sind über 300 Handschriften verzeichnet, die weitgehend dieselben Signaturen wie im Roschmann-Verzeichnis tragen. Sie dürften also seit 1739 nicht mehr umsigniert worden sein. 

Manche der von Roschmann aufgelisteten Handschriften finden im Anfang des 19. Jahrhunderts angelegten Stamser Übergabekatalog keine Entsprechung, der gesamte Fachboden mit dem Buchstaben H ist dort überhaupt nicht berücksichtigt. Einige Signaturen in diesem Übergabekatalog sind anders besetzt als bei Roschmann. Bestimmte Signaturen scheinen also doppelt vergeben bzw. später neu besetzt worden zu sein.  Mehr unter:

  • [Missing Page]

    Die im Stift verbliebenen Handschriften wurden 1826 von Benno Voglsanger katalogisiert. Sein "Catalogus Librorum Bibliothecae Stamsensis superioris" besteht aus zwei Teilen - einem Katalog nach Sachgebieten und einem alphabetischen Autorenkatalog.

    P. Ingenuin Hechenberger, Bibliothekar von 1893 bis 1904, erstellte eine Kartei und den heute noch in Gebrauch befindlichen Bandkatalog. Eine von P. Maurus Grebenc Anfang der sechziger Jahre angelegte neue Kartei enthält den Bibliotheksbestand bis 1965. Die dazugehörige Schlagwortkartei blieb aufgrund seiner Versetzung an eine Pfarrerstelle unvollendet.

    nach oben

    Quellen:

    Alfred Auer, Der Historiograph Anton Roschmann (1694-1760). Ein Beitrag zur Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts, in: Innsbrucker Historische Studien 4. Innsbruck 1981, 65-98.

    Barbara Krehan, Stamser Handschriften der ehemals Donaueschinger Bestände in der Württembergischen Landesbibliothek. Unveröffentlichte Diplomarbeit. Stuttgart 1999.

    Wilhelm Kundratitz, Stams - Bibliothek des Zisterzienserstiftes, in: Bernhard Fabian (Hrsg.), Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Hildesheim 2003, 171–176.

    Sieglinde Sepp, Neuzeitliche Quellen zur Stamser Bibliotheksgeschichte, in: Studia Stamsensia 1. Beiträge zur 700. Wiederkehr der Weihe von Kirche und Kloster der Zisterze Stams. Innsbruck 1984, 81-127.