Innsbrucker Nachrichten 07.06.1911 : Direktor Hittmair tot aufgefunden.
Erschienen
Innsbrucker Nachrichten 07.06.1911, Seite 8
Verweis auf Quelle
Titel
Innsbrucker Nachrichten 07.06.1911 : Direktor Hittmair tot aufgefunden.
Beschreibung
[gesamter Artikel]
"(D i r e k t o r H i t t m a i r tot aufgefunden.) Der gestern als vermißt gemeldete Direktor der Innsbrucker Universitäts-Bibliothek, Dr. Anton H i t t m a i r, wurde tot am Abhange der Schafseitenspitze aufgefunden. Wie wir schon meldeten, waren zur Suche nach dem Vermißten gestern nachts und vormittags zwei Expeditionen ins Gebiet der Schafseitenspitze abgegangen. Nachmittags folgte dieser noch eine dritte. Das ganze Gebiet sollte sowohl vom Navisertale als auch von der Schmirner Seite aus durchsucht werden. Jene Abteilung der Expedition, welche von Schmirn aus aufstieg, fand gestern vormittag nach längerem Suchen unweit des Steiges, der zur Schafseitenspitz führt, zuerst den Eispickel und die Steigeisen des Vermißten, und dann etwa 30 Meter tiefer in einer Mulde den Körper Dr. Hittmairs, leblos und kalt. Über den Hergang des Unglücks kann man natürlich nur Vermutungen hegen, aus der Lage der Dinge aber darf man annehmen, daß sich Dr. Hittmair beim Abstiege von der Spitze — er hatte wegen des schlechten Wetters ein Stück unterhalb des Gipfels den Rückweg angetreten — auf den steilen, durchnäßten und grasigen Hange die Eisen anziehen wollte und hiebei ausgeglitten ist. Der Körper kollerte dann ungefähr dreißig Meter tief hinab und blieb in einer Mulde liegen. Für diese Annahme spricht der Umstand, daß der Eispickel Dr. Hittmairs in die Erde gestoßen war und aufrecht stand und nebenan die Fußeisen lagen. Da der Körper des Verunglückten keine besonderen äußerlichen Verletzungen zeigte, ist anzunehmen, daß der Tod durch den Bruch des Genicks oder durch einen Schlaganfall erfolgte. Zu bemerken ist, daß der 53jährige Mann kerngesund war. Die Leiche wurde gestern ins Schmirntal nach Schmirn herabgebracht, heute erfolgt deren Transport nach Innsbruck. Die Schafseitenspitze ist die größte Erhebung in dem Gebirgszuge, welche das Schmirntal vom Navisertale trennt. Die Hänge fallen nach beiden Seiten, inbesondere aber gegen die Schmirner Seite ziemlich jäh ab, sie sind ähnlich wie die Südseite des Vennatales bis weit hinauf begrast, aber bei nassem Wetter wegen der Steilheit des Geländes schwer zu begehen und unter solchen Umständen nicht ungefährlich.
Dr. Anton Hittmair war 1858 zu Mattighofen zu Oberösterreich als Sohn eines Bezirksvorstehers geboren, studierte in Linz und Wien, promovierte 1881 zum Doktor der Philosophie, wurde 1883 Probevolontär an der Universitätsbibliothek in Innsbruck, kam aber dann an die Universitätsbibliotheken in Wien, Salzburg und Prag. 1897 erfolgte seine Ernennung zum Kustos an der Universitätsbibliothek in Innsbruck und seit dem Jahre 1903, nach dem Rücktritte des Regierungsrates Dr. v. Hörmann, wirkte Dr. Hittmair als Bibliothekar und Vorstand der Bibliothek der Universität Innsbruck. Dr. Hittmair war ein Bruder des Bischofs von Linz, Dr. Rudolf Hittmair. Er war vermählt und hinterläßt zwei Söhne, von denen einer zum Studium der Anglistik in Berlin weilt, während der zweite an der Hochschule in Innsbruck Medizin studiert. Von Dr. Hittmair erschien 1882 eine wissenschaftliche Arbeit „Der Artikel „be" in der mittel- und neuhochdeutschen Verbalkomposition". Er ist ferner auch der Verfasser verschiedener Salisburgensien und einer Geschichte der Innsbrucker Universitäts-Bibliothek."
"(D i r e k t o r H i t t m a i r tot aufgefunden.) Der gestern als vermißt gemeldete Direktor der Innsbrucker Universitäts-Bibliothek, Dr. Anton H i t t m a i r, wurde tot am Abhange der Schafseitenspitze aufgefunden. Wie wir schon meldeten, waren zur Suche nach dem Vermißten gestern nachts und vormittags zwei Expeditionen ins Gebiet der Schafseitenspitze abgegangen. Nachmittags folgte dieser noch eine dritte. Das ganze Gebiet sollte sowohl vom Navisertale als auch von der Schmirner Seite aus durchsucht werden. Jene Abteilung der Expedition, welche von Schmirn aus aufstieg, fand gestern vormittag nach längerem Suchen unweit des Steiges, der zur Schafseitenspitz führt, zuerst den Eispickel und die Steigeisen des Vermißten, und dann etwa 30 Meter tiefer in einer Mulde den Körper Dr. Hittmairs, leblos und kalt. Über den Hergang des Unglücks kann man natürlich nur Vermutungen hegen, aus der Lage der Dinge aber darf man annehmen, daß sich Dr. Hittmair beim Abstiege von der Spitze — er hatte wegen des schlechten Wetters ein Stück unterhalb des Gipfels den Rückweg angetreten — auf den steilen, durchnäßten und grasigen Hange die Eisen anziehen wollte und hiebei ausgeglitten ist. Der Körper kollerte dann ungefähr dreißig Meter tief hinab und blieb in einer Mulde liegen. Für diese Annahme spricht der Umstand, daß der Eispickel Dr. Hittmairs in die Erde gestoßen war und aufrecht stand und nebenan die Fußeisen lagen. Da der Körper des Verunglückten keine besonderen äußerlichen Verletzungen zeigte, ist anzunehmen, daß der Tod durch den Bruch des Genicks oder durch einen Schlaganfall erfolgte. Zu bemerken ist, daß der 53jährige Mann kerngesund war. Die Leiche wurde gestern ins Schmirntal nach Schmirn herabgebracht, heute erfolgt deren Transport nach Innsbruck. Die Schafseitenspitze ist die größte Erhebung in dem Gebirgszuge, welche das Schmirntal vom Navisertale trennt. Die Hänge fallen nach beiden Seiten, inbesondere aber gegen die Schmirner Seite ziemlich jäh ab, sie sind ähnlich wie die Südseite des Vennatales bis weit hinauf begrast, aber bei nassem Wetter wegen der Steilheit des Geländes schwer zu begehen und unter solchen Umständen nicht ungefährlich.
Dr. Anton Hittmair war 1858 zu Mattighofen zu Oberösterreich als Sohn eines Bezirksvorstehers geboren, studierte in Linz und Wien, promovierte 1881 zum Doktor der Philosophie, wurde 1883 Probevolontär an der Universitätsbibliothek in Innsbruck, kam aber dann an die Universitätsbibliotheken in Wien, Salzburg und Prag. 1897 erfolgte seine Ernennung zum Kustos an der Universitätsbibliothek in Innsbruck und seit dem Jahre 1903, nach dem Rücktritte des Regierungsrates Dr. v. Hörmann, wirkte Dr. Hittmair als Bibliothekar und Vorstand der Bibliothek der Universität Innsbruck. Dr. Hittmair war ein Bruder des Bischofs von Linz, Dr. Rudolf Hittmair. Er war vermählt und hinterläßt zwei Söhne, von denen einer zum Studium der Anglistik in Berlin weilt, während der zweite an der Hochschule in Innsbruck Medizin studiert. Von Dr. Hittmair erschien 1882 eine wissenschaftliche Arbeit „Der Artikel „be" in der mittel- und neuhochdeutschen Verbalkomposition". Er ist ferner auch der Verfasser verschiedener Salisburgensien und einer Geschichte der Innsbrucker Universitäts-Bibliothek."