Itha von Goldegg
„Das Märchen vom Glück. Roman aus der österreichischen Gesellschaft“
Zu diesem Werk der Südtiroler Autorin Itha von Goldegg findet sich eine kuriose Anzeige in der Zeitung Das Vaterland, geschaltet vom Verlag Bachem in Köln. Zunächst wird der neue Roman beworben:
„Ein ‚neues Talent ersten Ranges‘, wie ein hervorragender Literarhistoriker die Verfasserin nannte, entrollt in diesem Romane ein farben- und figurenreiches Gemälde des gesellschaftlichen Lebens im österreichischen Adel. Eine erstaunlich reichhaltige Gallerie der verschiedenartigsten Männer- und Frauen-Charaktere, jeder eigenartig und interessant, eingefügt fesselnde, geschickt durchgeführte Handlungen voll lebendiger Scenen und neuer Motive der vielgestaltigsten Art, erwecken das Interesse des Lesers und erhalten es bis zum Schlusse in Spannung.“ (Das Vaterland, 31. August 1897, Seite 8)
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Unter der Überschrift „Aufforderung“ grenzt man sich dann gegen einen gleichlautenden Roman von August Streicher aus dem Genre „Schundliteratur“ ab und betont die durch und durch „christliche Weltanschauung“ in Goldeggs Werk:
„Kurz nach dem Erscheinen des vorstehenden Romanes von Itha von Goldegg ist im Verlage von Wilhelm Friedrich in Leipzig ein Roman unter dem gleichen Titel ‚Das Märchen vom Glück‘ von August Streicher erschienen. Ich bitte deshalb alle Interessenten, welche mit dem Itha von Goldegg'schen Roman ein künstlerisch wie ästhetisch hochstehendes, auf christlicher Anschauung aufgebautes Werk zu erwerben wünschen, genau auf den Namen der Verfasserin und des Verlegers zu achten und alle diejenigen Fälle, in welchen statt des gewünschten Goldegg'schen in einer Buchhandlung der Streicher'sche Roman augeboten wird, mir zum Zwecke der Verwendung in einem von mir wegen unlauteren Wettbewerbes angestrengten Processe gütigst mitzutheilen. Der Streicher'sche Roman erfährt nämlich in einer im Neuen Wiener Tagblatt erschienenen, ‚Schundliteratur‘ überschriebenen Recension, eine geradezu vernichtende Kritik. Porto-Auslagen werden gerne ersetzt. Verlagsbuchhandlung J. P. Bachem, Köln am Rhein.“ (Das Vaterland, 31. August 1897, Seite 8)
Damit lässt sich das Schaffen von Itha von Goldegg – die zwar im Unterschied zur ebenfalls in Südtirol tätigen Maria Buol nicht das katholisch geprägte „Volksleben“ darstellt – doch in den christlichen Kanon der Zeit einordnen. Indem sich Goldegg der adeligen Gesellschaft widmet, stellt diese Autorin jedoch eine Ausnahme im Kontext der Tiroler Schriftsteller:innen um 1900 bis 1950 dar. Unter dem Namen Bossi-Fedrigotti veröffentlichte Goldegg noch weitere Romane. Die Autorin verkehrte mit ihrem Mann im Adel des österreichischen k. u. k. Regimes. Ihr Sohn Anton Bossi-Fedrigotti (1901–1990) wurde ebenfalls Schriftsteller und näherte sich in der Folge dem NS-Regime an; er trat 1933 der NSDAP bei und war u. a. als Vermittler zwischen seiner Heimat Südtirol und dem von der NSDAP geführten Deutschland tätig.