Hansi Andry

Wenig bekannte Lyrikerin „heimatlicher Dichtung“ mit deutschnationaler Gesinnung

Mit Hansi Andry stellen wir eine wenig bekannte Tiroler Schriftstellerin vor, die sich in die häufig vertretene deutschnationale Heimatdichtung des frühen 20. Jahrhunderts einordnen lässt. Erst mit ca. 60 Jahren veröffentlichte Andry ihre ersten Gedichtbände – wohl Sammlungen von Werken, die über einen größeren Zeitraum hinweg entstanden sind. Gespalten reagiert die Tiroler Presse auf diese Veröffentlichungen. Die Innsbrucker Nachrichten schreiben durchaus positiv: „Wer dies anspruchslose Bändchen, das vom heimischen Holunderbaum Name und Duft leiht, zur Hand nimmt, erkennt erst nach längerem Durchblättern, daß darin eine Tiroler Dichterin einen Strauß lyrischer und epischer Gesänge gebunden hat, deren Klang, Form und poetische Bildkraft überrascht.“ Das Fazit lautet somit: „Mit dieser Sammlung tritt Hansi Andry in die Reihe zeitgenössischer heimatlicher Dichtung.“ (Innsbrucker Nachrichten, 22. Februar 1930, Seite 11)

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Ganz anders fällt die Kritik des Schriftstellerkollegen „Hans vom Schlern“ (alias Hans Gatterer) aus, dessen eigene Texte ausschließlich in der Zeitung Der Oberländer erscheinen. In einem Kommentar zu Andrys „Holunderbaum“ im selben Blatt übt Gatterer scharfe Kritik an Andrys Dichtung, wirft ihr neben formalen Fehlern in abweichenden Versformen und sprachlichen Bildern ein lyrisches Abdriften vor, „da der vielfach excentrische Redeschwung sich völlig dem Transcendentalen nähert, wo man mehr Concretes erwartet.“ Gatterers Fazit lautet demnach: „Unser Volk will Poesie, die leichter verständlich vom Herzen zum Herzen spricht, die beim Lesen nicht ermüdet, sondern aufmuntert, tröstet, beseligt und den Leser mit dem Dichter voll und ganz mitfühlen läßt.“ (Der Oberländer, 18. April 1930, Seite 8)

 

Die Innsbrucker Nachrichten bleiben der Dichterin dennoch treu – wohl auch, weil man sich in der zunehmend deutschnationalen Gesinnung nahesteht. So wird auch der Prosaband „Astern“ durchaus positiv besprochen: „Nun liegt eine Sammlung ihrer Prosaarbeiten unter dem Titel ‚Astern‘ vor, der eine Reihe anmutiger Erzählungen, Märchen und Novellen aus verschiedenen Wirkungsepochen der Dichterin enthält. Aus romantischem Grundgefühl stammen alle diese Beiträge, in denen sich eine starke Heimatliebe und Volksverbundenheit, insbesondere mit Südtirol, ausspricht.“ (Innsbrucker Nachrichten 21. April 1934, Seite 8) Auch gratuliert das Blatt der Dichterin zu ihrem 70. Geburtstag und fasst ihren Lebenslauf wie folgt zusammen: „Geboren am 23. Juni 1864 als Tochter des Eisenmeisters Schmid in Imst, ist sie, trotzdem sie den größten Teil ihres Lebens nicht in Oesterreich, zumeist allerdings in München, verbracht hat, ein echtes Kind ihrer Tiroler Heimat geblieben. Aus ihrem reichen dichterischen und schriftstellerischen Schaffen leuchtet immer und immer wieder die heiße Liebe zu Tirol, zu seinen Bergen, Tälern und Menschen. Unzählig sind ihre Schilderungen über in den Alpen ausgeführte Berg- und Talfahrten — denn Frau Andry war auch eine erprobte und begeisterte Bergsteigerin.“ (Innsbrucker Nachrichten, 22. Juni 1934, Seite 8)

 

Andry schrieb nicht nur lyrische Texte, sondern veröffentlichte auch in den Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, in den Blättern Österreichische Alpenpost und Deutsche Alpenzeitung bis hin zur Gardasee-Post, für die sie bereits 1909 schrieb. Insofern kann ihr relativ spätes Auftreten als Lyrikerin mit Veröffentlichungen ab 1926 in ein breiteres schriftstellerisches Werk eingeordnet werden. Zugleich kann man die politische Gesinnung der Schriftstellerin auch mit weiterem Verlauf der österreichischen und deutschen Geschichte bis hin zur NS-Herrschaft als ungebrochen deutschnational werten, was auch eine Notiz in den ab 1938 gleichgeschalteten Innsbrucker Nachrichten zu Andrys 80. Geburtstag zeigt: „Die Schriftstellerin Hansi Andry, eine gebürtige Tirolerin, die seit vielen Jahren in München lebt, feierte kürzlich ihren 80. Geburtstag. Frau Andry, die mit Begeisterung an ihrer Heimat hängt, hat in zahlreichen Aufsätzen und Gedichten die landschaftlichen und kulturellen Schönheiten unseres Gaues geschildert.“ (Innsbrucker Nachrichten, 7. Juli 1944, Seite 4)